French Press and Screen

Studie: LLM vs. Search Engine am Beispiel Kaffee

Veränderung? Nein danke!

Wenn ich Menschen und Firmen bei der Digitalisierung helfe, haben beide teilweise erhebliche Widerstände gegen Veränderungen. Eine der Herausforderungen ist, den Unterschied zwischen LLMs (Large Language Models) und Suchmaschinen (Google und die kleinen anderen) fühlbar zu machen. Das funktioniert am besten exemplarisch.

Hin und wieder wird in Büros Kaffee nicht schnöde in der Plastikmaschine erzeugt, sondern es wird eine French Press (auf Deutsch “Pressstempelkanne”, no joke) verwendet – jenes Gerät, bei dem man das Pulver in einen ungefähr einen Liter großen Zylinder einfüllt, mit heißem Wasser übergießt, und das Pulver dann nach einigen Minuten herunterpresst. Nun lautet die Empfehlung, zunächst eine kleine Menge Wasser auf das Pulver zu geben, es ca. 4 Minuten ziehen zu lassen, und erst dann das restliche Wasser einzufüllen. Das, so heißt es (und ich glaube es bestätigen zu können), entfalte das Aroma am gründlichsten und erzeuge den besten Kaffee. Anleitungen gibt es zum Beispiel hier, hier und hier und an 10.000 anderen Stellen. Natürlich widersprechen sie sich alle ein wenig.

Es ist – und hier beginnt das Experiment – nicht unmittelbar einsichtig, wieso das der Fall sein sollte. Welchen Unterschied kann es aus physikalischer oder chemischer Sicht machen, ob man erst ein wenig Wasser und dann den Rest oder gleich alles einfüllt? Wisst ihr’s? Ich nicht. Nehmen wir an, das würde uns wirklich interessieren – wie finden wir es heraus?

Noch vor einem guten Jahr (diesen Text schreibe ich – übrigens ohne KI – im Dezember 2023) hätte die Antwort gelautet: Google. Oder Ecosia, für die bewussteren unter uns. Vor 25 Jahren wären wir in die Amerika-Gedenkbibliothek gefahren und hätten für die Antwort einen halben Tag gebraucht. Vor 25 Jahren gab es übrigens auch keine Baristas an jeder Ecke, die man hätte fragen können (während sie den Cappuccino bereiten, der inzwischen 10 DM kostet). Aber ich drifte ab.

Seit grob 2023 gibt es eine weitere Möglichkeit: frag die KI. Frag ChatGPT.

Es ist instruktiv und überzeugend, das am genannten Beispiel einmal selbst auszuprobieren. Fangen wir mit Google an.

Recherche mit der Suchmaschine

  1. Schritt: Anfrage formulieren, Ergebnisse überfliegen, Anfrage verfeinern usw.
    • Trial and Error – ich probiere herum, z. B. “french press warum erst wenig Wasser”, “Physik der French Press”, usw.
    • Es finden sich viele Anleitungen (und noch mehr Werbung), aber irgendwann finde ich heraus, dass der Prozess “Blooming” heißt, was die Genauigkeit meiner Anfragen verbessert.
    • Eine weitere Verfeinerung der Suche (inzwischen ist der Kaffee kalt) findet schließlich Ergebnisse, die durchaus brauchbar zu sein scheinen.
  2. Schritt: Ergebnisse, die beim ersten Querlesen vielversprechend erschienen (aufgrund ihrer Optik, des Designs, der Zwischenüberschriften, oder gelesener Textfragmente), eingehender studieren.
  3. Schritt: ein Modell, eine Meinung bilden – entweder stimmen die am seriösesten wirkenden Resultate mehr oder weniger überein, oder wir haben “eine Idee”, sind aber nicht recht überzeugt.

Benötigte Zeit: 12 Minuten
Qualität des Ergebnisses: geht so

Recherche mit ChatGPT

  1. Schritt: Frage formulieren
    • Erster Versuch: “Die meisten sagen, dass man bei der Zubereitung von Kaffee in einer French Press in zwei Schritten vorgehen soll: erst das Kaffeepulver mit wenig Wasser bedecken, 4 Minuten ziehen lassen, dann das restliche Wasser hinzugeben. Andere empfehlen, einfach sofort das ganze Wasser einzugießen. Was spricht für die eine, was für die andere Methode? Und wie lässt sich der Unterschied physikalisch oder vielleicht chemisch erklären?”
      Antwort:
      Antwort von ChatGPT
      Gleich ein Volltreffer!

Benötigte Zeit: 1 Minute
Qualität des Ergebnisses: sehr gut

Fazit

Natürlich ist das anekdotisch und lässt sich nicht schlicht in “LLMs sind immer schneller und besser als Suchmaschinen” übersetzen. Sicher gilt aber:

Recherchen mit LLMs gehören ins intuitive Handwerkszeug aller, die beruflich oder privat Suchmaschinen verwenden!


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