Wozu noch „Transzendenz“?

Auch wenn man sein Signifikat (welche Ausformung auch immer) ablehnt, klebt der Begriff der T., der Signifikant, noch als Geist im dualen Weltsystem, irgendwo, überall. Nun lassen sich Begriff-„Ding an sich“-Paare (auch wenn sie n:m-Verknüpfungen darstellen und die ohnehin schon heftigen Mannigfaltigkeiten des Universums und des menschlichen Geistes vektormultiplikativ noch mannigfaltiger werden lassen) von beiden Seiten her eliminieren: nicht nur kann das Signifikat als nicht-existent nachgewiesen (auch Indizienbeweise sind in der Geisteswissenschaft erlaubt, sonst käme man keinen Schritt vom Fleck) werden (Gott, Äther – was auch immer), sondern man kann – was deutlich eleganter ist (und obendrein sauber machbar, denn über Signifikate weiß man letztlich nicht viel, nur indirekt und auf Basis von Plausibilität) – auch am Begriff schrauben und untersuchen, ob er Sinn macht: wenn (nicht nur) Deleuze Philosophie als das „Finden von Begriffen“ definiert, gehört da natürlich auch das Vernichten dazu: und das fühlt sich gut an. Um bei Deleuze zu bleiben und gleich ein Beispiel zu nennen, das er mit seinem Kumpel entwickelt hat: „Mangel“ ist Quatsch: es gibt keinen Mangel: was es gibt ist das Begehren: okay, das „erzeugt“ einen Eindruck von Mangel, man bekommt halt nicht was man will: aber ehe man sich einmal umdreht, ist der Begriff Teil des Weltsystems geworden, und überall herrscht Mangel (ja, er „herrscht“ sogar, wie ein richtiger Monarch: er hat sogar mit ihm gemeinsam, dass er sich einfach erzeugen lässt (auch Monarchen versuchen, viele Kinder zu machen): einfach etwas wollen, das nicht bekommen, schon ist er da).

Von T., so heißt es je nach Auslegung, können wir nichts wissen, sie sei jenseits des Bereichs möglicher Wahrnehmung, Erfahrung, Wissenschaft, whatever: nun ja: das gilt einerseits für jedes „Ding an sich“, andererseits nehmen wir, sowohl bei jenem als auch bei transzendent gedachten Objekten wie Gott und höheren Welten (dabei sind sie doch einfach nur höher), nicht direkt erfahrbare Dinge (und nichts außer dem Bewusstsein ist direkt erfahrbar, oder wir müssen die Begriffe „direkt“ und „erfahrbar“ mal durchschütteln) generell indirekt wahr: worin unterscheiden sich nun diese Objekte?: Gott nehmen wir nicht wahr, der Stuhl ist eine Konstruktion, Atome, Staaten, Engel: was ist der Unterschied1?

  1. Sinnvoller ist die praktische Unterscheidung zwischen subjektiv, intersubjektiv und objektiv, die sich nicht schert um Transzendenz-Immanenz-Gedanken. PS: Die Begriffe Signifika(n)t wurden hier nicht nur aus semiotischem Spaß verwendet.