Ein Wahnsystem ist perfide, weil es in einem seltsamen Rhythmus zwischen dem Grenzbereich des Zweifels und eindeutigen Störungen mäandert. Permanent wird unsere Eigenwahrnehmung irritiert (auch jetzt, während ich das schreibe). Da steht also ein Wahnsinniger. Psychisch krank, nach heutigen Maßstäben, wahrscheinlich frühgestört. In der Interaktion geschehen seltsame Dinge: wir werden verbogen, uns wird befohlen, wir werden vielleicht gespalten, jedenfalls irritiert. Aber eigentlich, ohne in jegliche inhaltliche Tiefe zu gehen, könnten wir einfach sehen, was da für ein Wesen durch den Raum schlendert: wie er wirkt (oder warum nicht); was er zum Besten gibt; wie er beleidigt; wie er sich selbst lobt; mal zerschlagen mal euphorisch wirkt; zu lächeln versucht (und quasi immer daran scheitert); nette Momente hat (denen, mal ehrlich, etwas Komisches anhaftet, das man gerührt verzeiht); einen denken macht, dass hinter all dem wirren Äußeren ein guter Kern steckt, der immerhin allerhand auf die Reihe kriegt; unser Denken fragmentiert, desorientiert; uns wütend macht, sowieso; kraftlos, weil die Organisation von Projekten zwar so chaotisch ist, dass man sie ablehnen sollte, man sie aber dennoch durchführt, in einen absurden Strudel gezogen; wie wir alle (alle, alle, alle, ständig, immer!!) über ihn und seine Unfähigkeiten schimpfen und dann alles irgendwie mittels des Bildes des „gestörten Genies“ reframen; usw. Das alles könnten wir wahr- und ernst nehmen schon vor der Analyse der von dir wunderbar gesammelten objektiven Verfehlungen. Aber das psychische System, dem wir ausgesetzt sind, ist so subtil (und gleichzeitig überhaupt nicht, was wiederum paradoxer Teil seiner Subtilität ist), dass das alles zwar auffällt und offen besprochen wird (und durchaus Folgen hat, in Form von Kündigungen), aber dennoch letztlich getragen und aufrechterhalten wird. Wie oft haben wir uns diesen Menschen gegenseitig „begründet“, durch „ja ja, ist soundso, aber …“. Der Status ist, ihn gleichzeitig ernst (auch wegen des Amtscharismas) und nicht ernst zu nehmen, uns selbst und unsere an sich eindeutigen Gefühlsimpulse hingegen ausschließlich nicht ernst – denn wir machen immer weiter, umschiffen, ackern, anstatt ihn gleich im nächsten Gespräch an die Wand zu klatschen.