In Zeiten (nie enden wollender) innerer Auseinandersetzungen fiel mir eben auf der Admiralsbrücke (in den nun endgültig herbstlichen Morgensonnenstrahlen stehend) auf, wie sich das manchmal mit Freundinnen und Freunden (aber eher Freunden) verhält.
Man trifft sich abends, und wenn die Schwingungen günstig sind (oder der Druck groß genug ist), öffnet man sein Herz. Das geht am besten, wenn sich das Herz des anderen ebenfalls öffnet (und in meinem Fall geht es gar nicht, wenn da ein abstinenter Psychoanalytiker – sehr lange her – oder eine andere Art trockener Knochen sitzt). Schön ist das, zwei nahe Herzen, ein Gefühl von Sicherheit: die Worte fließen: du wagst dich heraus: dein Gegenüber fühlt dich: dein Gegenüber findet wahre Worte: du kannst sie hören: du kannst sie annehmen.
Dann passiert etwas (kennt Ihr das auch, liebes nicht vorhandenes Web 2.0-Publikum?): dein eben noch empathisches, mit dir verbundenes Gegenüber, dein Freund, verliebt sich in seine Weisheit oder auch nur in seine Theorie: kaum merklich (außer du bist sensibel genug und ausreichend mutig, dir den Vertrauensbruch einzugestehen), eigentlich aber recht flott verliert sich die Verbindung: dein Gegenüber spielt Bauklötze mit deiner Seele, du sitzt daneben: dein Gegenüber fühlt sich gut (sowohl Offenheit als auch Tiefe als auch Richtigliegen mit der eigenen Sicht der Dinge geben einen Kick, nicht selten gewürzt mit Macht): dein Gegenüber bastelt eine Theorie über deinen Zustand, um dir zu helfen, für dich: du fühlst, subtil, kaum wahrnehmbar, wie Energie von dir abfließt (ja natürlich: sie fließt in dein Gegenüber): dein Gegenüber wird wahrscheinlich leicht euphorisch: dein Gegenüber beginnt, dich überzeugen zu wollen: dein Gegenüber schiebt dich oder zieht: dein Gefühl wird ein wenig taub, hier stimmt etwas nicht, aber dein Finger findet nicht den Punkt: denn eigentlich ist da ein Gegenüber, das für dich da ist und dir mit guten Worten beisteht: der Abend wird schräg: mit etwas bitterem Glück merkt dein Gegenüber nichts davon, dass er sich letztlich an dir hochgezogen hat: und kannst in dem Bewusstsein, ihn erkannt zu haben, nach Hause ziehen: du wirst ein wenig durch die nächtlichen Straßen schlendern, dich tief in dich selbst zurückziehen, ein wenig Trotzenergie aufbauen, vielleicht Stärke aus deiner Einsamkeit aufbauen, dann schlafen: und dich am nächsten Morgen erheben, und weiter.